Quelle von Jenny Borghi – Expertin für Hunde-Verhalten – www.perros.ch
Motivation und Belohnung verdrängt veraltete Druckmethoden und Dominanztheorien
Bei anderen Haustieren wie z.B. der Katze oder dem Hasen ist weder Druck noch Dominanz bei der Erziehung und dem Zusammenleben ein Thema. Wenn man einer Katze Druck macht, um sie zu erziehen, ignoriert sie einen, pinkelt die Möbel an oder haut einfach ab und sucht sich ein neues Zuhause. Natürlich sind unsere Haushunde viel mehr auf uns Menschen bezogen, leben abhängiger und sehr eng mit uns. Sie wollen uns in den meisten Fällen gefallen und ein Teil unseres Lebens sein (ausser sie wurden zur Unabhängigkeit gezüchtet wie z.B. Hunde die Schafherden beschützen).
Hunde wollen KEINE Weltherrschaft übernehmen
Die sogenannte Dominanztheorie vom Hund gegenüber dem Menschen, ist bis heute mit keiner einzigen wissenschaftlichen Studie belegt. Die Dominanztheorie ist veraltet und falsch, zumindest in dem Sinne wie wir sie verstanden haben und umsetzen. Selbst die Gründer dieser Theorien sowie vom Alpha-Wurf, versuchen bis heute die Veröffentlichung der Bücher zur Dominanztheorie zu stoppen, weil sie erkannt haben, dass sie falsch ist. Die Theorien basierten auf der Hackordnung der Hühner aus dem Jahr 1922 und auf Beobachtungen von Wölfen in Gefangenschaft Ende der 60er Jahre. Diese Wölfe wurden wahllos zusammen in ein Gehege gesperrt (also ohne verwandtschaftliche Beziehung zueinander) und nicht an freilebenden Wölfen. Stellen Sie sich vor man würde aus Beobachtungen von Menschen in Gefangenschaft auf alle Menschen schliessen. Hunde streben genauso wie Menschen nach Harmonie und Ausgeglichenheit und wünschen sich ein gesundes und glückliches Leben.
Motivationen und Belohnungen
Also was tun, wenn ein Hund nicht gehorcht? Bzw. was kann man tun, damit der eigene Hund das tut, was man sich wünscht. Nun Hundeerziehung, hat sehr viel mit guten Führungsqualitäten zu tun, die wir Menschen uns von unseren Eltern (wenn wir noch Kinder sind) oder von unseren Vorgesetzten, wenn wir in der Arbeitswelt sind, auch wünschen (würden).
- Motivation
- Wertschätzung
- gefordert ohne überfordert zu werden
- Arbeit ausführen dürfen, die einem entsprechen
- genau zu wissen und verstehen was von uns verlangt wird
- in einem gegebenen Rahmen freie Entscheidungen treffen dürfen
- nur so viel Verantwortung übernehmen müssen, wie man auch tragen kann
Dies sind konkrete Punkte, die auch für unsere Hunde gelten und beim Hundetraining zentrale Schlüsselfunktionen erfüllen. Wenn ein Hund nicht das macht, was wir uns wünschen, dann liegt es meistens daran, dass er gar nicht verstanden hat, was wir eigentlich wollen oder die Motivation nicht stimmt. Eigentlich ist es doch dasselbe, wenn man als Angestellter die Arbeit nicht so erledigt wie der Chef das gerne hätte. Entweder ist nicht klar, was genau verlangt wird, es fehlte an Motivation oder man wurde überfordert (wobei der Zeitfaktor auch eine grosse Rolle spielen kann). Wenn ihr Vorgesetzter jetzt beginnt Druck zu machen und ihnen vorwirft, das absichtlich zu machen, dann ist das extrem frustrierend und hilft Ihnen nicht wirklich es in Zukunft besser zu machen!
Motivation ist ein sehr wichtiges Thema. Selbstverständlich gibt es „Arbeiten“ die für uns selbstbelohnend sind und wir ohne Geld-Bezahlung machen. Meist sind das dann unsere Hobbies. Aber Arbeit verrichten ohne angemessenen Lohn und dies Tag für Tag einfach, weil der Chef so wundervoll ist, grenzt schon eher an Sklaverei, als an eine freundschaftliche Lebensgemeinschaft. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit und das Zusammenleben mit unseren Fellnasen. Deshalb ist es wichtig herauszufinden, was Ihr Hund wirklich gerne macht und ihm gleichzeitig auch gut tut (z.B. Nasenarbeit) und welche Belohnungen für ihn auch wirklich gut sind. Es ist z.B. KEINE Belohnung einem Menschen ein Stück Kuchen zu reichen, wenn er kein Süsses sondern lieber Salziges mag. Das gleiche gilt für Hunde. Manchmal meinen wir etwas ist gut und schön für Hunde, doch wir täuschen uns. Es ist absolut notwendig unsere Hunde gut zu beobachten, ihre Sprache zu lernen und sich Zeit zu nehmen um herauszufinden, was sie motiviert und tatsächlich als schön empfinden. Was Zuhause super ist, z.B. ein normales trockenes Leckerli oder zu kuscheln ist draussen völlig lahm und/oder fehl am Platz.
Warum Menschen Druckmethoden anwenden
Der Gedanke, dass ein Hund immer aufs Wort gehorchen muss, weil wir Menschen und sie Tiere sind, ist unglaubwürdig. Die Annahme oder sogar Überzeugung, dass wir stets das Wichtigste in einem Leben eines Hundes sind, frustriert enorm, weil es nicht der Wahrheit und Tatsachen entspricht. Hunde sind, wie wir Menschen Lebewesen mit Emotionen, Gefühlen und individuellen Bedürfnissen!
Viele Hundebesitzer wenden gewalttätige Methoden an, weil es ihnen von einem (oft selbsternannten Hundetrainer ohne oder veralteter Ausbildung) gesagt und schöngeredet wird. Die Methoden widerstreben den Hundehaltern meistens, doch sie machen es ihrem Hund „zuliebe“. Nun ich kann dir sagen, diese Hundetrainer sind nicht auf dem neusten und aktuellen Wissensstand. In den letzten 20-30 Jahren gab es viele Erkenntnisse darüber wie Hunde lernen. Es ist deshalb absolut notwendig am Puls zu bleiben und sich weiterzubilden. Man kann die Erkenntnisse fast schon mit der Informatik-Branche vergleichen. Es tut sich wahnsinnig viel und man muss sich immer neu informieren, um aktuell zu bleiben und die besten Methoden zu nutzen. Und ganz ehrlich, ein Hundetraining mit positiver Bestärkung (also über Belohnung) macht einfach viel mehr Freude. Den Hunden und auch den Hundehaltern. Also warum nicht zum modernen Weg greifen, wenn er doch mindestens genauso gut funktioniert und die Bindung fördert statt zerstört. Höre wieder vermehrt auf dein Bauchgefühl. Ein liebevoller und verständnisvoller Umgang mit dem Familienmitglied Hund bewährt sich. Es ist meine tägliche erfolgreiche Erfahrung mit den geliebten Fellnasen – und was dabei zurück kommt ist wundervoll.